Firmenporträt: Gebrüder Körting in Körtingsdorf bei Hannover, 1891

aus „Hannovers Großindustrie & Großhandel“, geschildert von Paul Hirschfeld

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Gebrüder Körting in Körtingsdorf bei Hannover. Fabrik von Strahlapparaten, Pulsometern, Zentralheizungs-, Lüftungs- und Trockenanlagen und Gasmotoren. [1]

Der Autor zählt die Fabrik der Gebr. Körting zu den führenden deutschen Unternehmen mit Weltgeltung. Er schildert, wie sich das Unternehmen von den Anfängen 1871 mit drei Arbeitern in der Celler Straße in Hannover „zu einem Welthause in des Wortes höchster Bedeutung emporgearbeitet hat.“ 1890, also ein Jahr vor Erscheinen des Buches, siedelte Körting in die neue Fabrik nach Linden über. Wegen der „sich längs der Landstraße nach Egestorffhall hinziehende Arbeiterkolonie“ wurde die Siedlung Körtingsdorf genannt.

In dem Fabrikbereiche, dessen Arbeitsstätten durchweg, sowohl in Bezug auf Beleuchtung, als auf Ventilation und Erwärmung, als Musteranlagen gelten können, sind etwa 1000 Arbeiter und 120 Beamte thätig.“ Zusätzlich unterhält Körting bereits 1890 einen Außendienst mit 60 Monteuren, die für den Einbau von Zentralheizungen, Wasserstationen, Gasmotoren usw. zuständig sind. „In fast allen Weltstädten ist das Haus Gebr. Körting durch Filialen mit kleineren Werkstätten vertreten.“ Es wird auch von einer weiteren größeren Fabrikanlage in Wien berichtet, „in welcher nunmehr 300 Arbeiter und 20 Beamte eine gleichfalls vielverzweigte Schaffenskraft entfalten“.  

Als wesentlicher Vorteil der neuen Fabrikanlage in der Lindener Feldmark (Firmenadresse: Badenstedter Straße 60) wird der direkte Eisenbahnanschluss herausgestellt, wodurch die Versorgung der riesigen Eisengießerei mit „Rohmaterialien, Eisen, Kokes, Sand usw.“ problemlos erfolgen kann. Auf dem Fabrikgelände gibt es eine Schmalspurbahn, die die einzelnen Betriebswerkstätten miteinander verbindet.

Die Darstellung der Produktionsanlagen und -abläufe wird in drei Bereiche untergliedert:

  1. Abtheilung für Strahlenapparate.
  2. Abtheilung für Zentralheizungs-, Lüftungs- und Trockenanlagen.
  3. Abtheilung für Gasmotoren.

Zur Beschreibung der ersten Abteilung zitiert der Autor einen Auszug aus dem Inhaltsverzeichnis eines Firmen-Katalogs und zählt folgende Produkte auf :
Universal-Injektoren – Vorwärme – Dampfstrahl-Elevatoren – Feuerspritzen – Anwärme-Apparate – Lenzpumpen für Schiffe – Wasserstrahl-Kellerpumpen – Wasserstrahl-Elevatoren – Wasserstrahl-Luftpumpen – Wasserstrahl-Kondensatoren – Unterwindgebläse – Schornstein-Ventilatoren – Luftstrahl-Ventilatoren – Rührgebläse – Luftsaugapparate – Luftdruckapparate – Gasexhaustoren – Theerschwelerei-Exhaustoren – Scrubber [Gaswäscher] – Kondensatoren – Zuckerdeckapparate für Raffenerien und Zuckerfabriken – Zerstäuber für Theet, Naphta usw. – Luftanfeuchtungsapparate – Wasserstaub-Ventilatoren – Pulsometer und Aquapulte – Schwuimmerpumpen – Mischhähne für Badeanstalten – Kondenswasser-Ableiter – Drosselklappen und Hähne.

In der zweiten Abteilung werden insbesondere die „in allen Fachkreisen als vorzüglich anerkannten Rippenheizkörper (Patent Batterie-Elementen)“ und die erst seit zwei Jahren von Körting entwickelten „Dampfniederdruckheizungen nach dem ihnen patentirten Syphonsysteme“ herausgestellt. Für wen diese Heizungen interessant waren, ist offensichtlich. Als Zeuge für die besonders einfache Handhabung und die leichte Regulierbarkeit berichtet der Königliche Baurath Herr Bergmann von seinem Neubau mit 12 zu heizenden Räumen in der hannoverschen Scharnhorststraße 19. Er hebt hervor: „Die leichte, durch das Dienstmädchen zu bewirkende Bedienung des Dampfkessels, welche sich darauf beschränkt, Morgens und Abends … den Fülltrichter vor dem Kessel mit Kokes zu versehen, einmal während des Tages Asche unter dem Korbrost zu entfernen und nach Verlauf mehrerer Wochen den Wasserstand im Kessel etwas zu ergänzen.

Die Ausführungen zur dritten Abteilung beginnen mit der Schilderung eines Patentstreits mit der Gasmotorenfabrik Deutz, die das „Prinzip des Viertaktes mit dem Kolbenantrieb der Gasmotoren“ für sich gesichert hatte. Das Monopol der Rheinländer wurde auf dem Klageweg beseitigt, was zu einem Aufschwung der Gasmotoren-Produktion landesweit in 30 Fabriken führte.

Zum Schluss seiner Ausführungen widmet sich der Autor der Arbeiterkolonie Körtingsdorf. Fertiggestellt sind um 1890 insgesamt 22 Doppelhäuser, in denen 90 Familien wohnen. Die Wohnungen und die dazu gehörenden Gemeinschaftseinrichtungen (u.a. Waschküchen, Stallungen) werden genau beschrieben. Geplant sind insgesamt 70 Gebäude, eine Schule, Gemeinde- und Krankenhaus sowie ein Konsumgebäude nebst Gartenwirtschaft. Zusätzlich gibt es im Verwaltungsgebäude eine Badeanlage zur Gratisnutzung mit 12 Douchen und 2 Wannenbädern, ein Verbandszimmer, wo ein Arzt Sprechstunden abhält. „Eine in dem Fabrikbereiche angelegte Kantine spendet den unverheiratheten Arbeitern ein gesundes und billiges Mittagessen.“

Der Artikel endet mit einem Hinweis auf die internationale Anerkennung der Firma Körting, die sich u.a. auch durch die Auszeichnungen bei Gewerbeausstellungen zeigt.
(WE)
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[1] aus: Hirschfeld, Paul, Hannovers Großindustrie und Großhandel, geschildert von Paul Hirschfeld, mit Unterstützung des Kgl. Oberpräsidiums und der Provinzialbehörden der Provinz Hannover, herausgegeben von der Deutschen Export-Bank Berlin, Verlag Duncker und Humblot, Leipzig 1891, S. 159-162.

Das gesamte 434 Seiten umfassende Werk ist als Digitalisat in der Bayrischen Staatsbibliothek zu finden.

Urheber: Hirschfeld, Paul
Sammlung: Materialien ohne Sammlung
Zeitliche Einordnung: 1891
Ort: Badenstedter Straße 60 ; Körtingsdorf