Firmenporträt: Hannoversche Kunstdüngerfabrik in Linden vor Hannover, 1891

aus „Hannovers Großindustrie & Großhandel“, geschildert von Paul Hirschfeld

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Hannoversche Kunstdüngerfabrik in Linden vor Hannover. [1]

Im 19. Jahrhundert wurden auf dem Gebiet der künstlichen Düngung entscheidende Entdeckungen gemacht, wobei besonders die Erkenntnisse von Justus von Liebig ab 1840 dazu führten, dass die landwirtschaftlichen Erträge durch neue chemische Düngemittel erheblich gesteigert werden konnten. Das war bei dem rasanten Bevölkerungswachstum im Zuge der Industrialisierung ein wichtiger Schritt im Kampf gegen die Hungersnöte. Über die negativen Nebenwirkungen machte man sich wenig Gedanken. Es entstanden zahlreiche Kunstdüngerfabriken.

In den einleitenden Anmerkungen zur 1857 errichteten Hannoverschen Kunstdüngerfabrik in Linden wird auf den Engländer Blackhall verwiesen, der sich mit einem schon lange bekannten Verfahren der Verarbeitung von gemahlenen Tierknochen beschäftigt hatte. [2] Beim Einsatz von Knochenmehl kam es dabei auf die richtige Verarbeitung an. Blackhall erkannte, dass „die Knochen sich nur dann zu einem wirklich feinen Mahlgut gestalten lassen, wenn die zuvor mit gespannten Wasserdämpfen behandelt würden“.

In der Lindener Fabrik wurden jährlich 40 000 Zentner Knochen verarbeitet, d.h. entfettet, getrocknet, gedämpft, gestampft, bis am Ende „dann das für die Düngung so werthvolle Knochenmehl“ hergestellt war.

Die entfetteten Knochen wurden zu Knochenleim verarbeitet und in weiteren Schritten u.a. durch Zusatz von Schwefelsäure zu Superphosphat verrührt. „Hierdurch wird jenes Düngemittel zur Erscheinung gebracht, das die bedeutungsvolle Kraft besitzt, der Ackerkrume die wasserlösliche Phosphorsäure zuzuführen.

Die Fabrik hatte 2 Dampfmotore mit insgesamt 50 Pferdestärken, 3 Dampfkessel mit einer Heizfläche von 150qm.

In dem Artikel wird keine Adresse der Lindener Kunstdüngerfabrik genannt. In alten Adressbüchern finden sich dazu folgende Angaben:
     AdrB 1887: Hannoversche Kunstdüngerfabrik. Vorstand: Direktor Kfm. Karl Reinicke, Kontor in der Fabrik am Tönniesberge.
     AdrB 1898: Hannoversche Kunstdüngerfabrik. Kontor in der Fabrik am Tönniesberge (Nenndorfer Chaussee). Vorst. Direktor Kfm. Karl Reinicke.
(WE)
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[1] aus: Hirschfeld, Paul, Hannovers Großindustrie und Großhandel, geschildert von Paul Hirschfeld, mit Unterstützung des Kgl. Oberpräsidiums und der Provinzialbehörden der Provinz Hannover, herausgegeben von der Deutschen Export-Bank Berlin, Verlag Duncker und Humblot, Leipzig 1891, S. 196/197.

Das gesamte 434 Seiten umfassende Werk ist als Digitalisat in der Bayrischen Staatsbibliothek zu finden.

[2] Das Verfahren beruht auf dem Prinzip des Dampfdruck-Kochtopfs, der bereits Mitte des 17. Jahrhunderts von Denis Papin entwickelt wurde.

Urheber: Hirschfeld, Paul
Sammlung: Materialien ohne Sammlung
Zeitliche Einordnung: 1891
Ort: Am Tönniesberg